Auf nach China

Oktober 4th, 2007

Bevor es uns vergoennt ist nach China aufbrechen zu koenen, haben wir erst einmal eine Menge Zeit totzuschlagen. An die 10 Tage insgesamt! Das kam folgendermassen: Von Naryn aus benoetigen wir gut 5 Tage bis zum Torugart-Pass, dem Grenzpass nach China. Am Samstag den 29. September waeren wir wohl dort angekommen. Am Wochenende hat der Grenzposten jedoch geschlossen. Das Passieren der Grenze auf einen Freitag wird nicht empfohlen, da man sonst – sollte die Grenze wegen Schnee, Lawinen, Feiertagen auf einer der beiden Laenderseiten oder anderen Gruenden geschlossen sein – bis zum kommenden Montag ausharren muss. Am Montag den 1. Oktober ist der chinesische Nationalfeiertag. Da ist die gesamte Grenze natuerlich zu. Manchmal auch noch die zehn folgenden Tage. Dieses Jahr jedoch nur die folgende Woche. Insgesamt koennn wir also an 10 Tagen nicht ueber den Torugart. Dass unser timing so genial ist kann man 4 Monate frueher in Deutschland natuerlich nichtmal ansatzweise ahnen! Zudem hatten wir uns ja eher ein bis zwei Monate frueher hier gewaehnt, haette man uns vor fuenf Monaten dazu befragt.
Ein gutes hat der Aufschub unserer Weiterreise: Wir koennen nun doch noch einen kurzen Abstecher nach Bischkek, der Hauptsadt Kirgisistans, machen. Da wir ja Zeit haben und es zwischen Naryn und Bischkek auch noch anderes besuchenswertes gibt, lassen wir uns noch auf eine zweitaegige Tour zu Pferd ein. Mit der Ueberzeugung, durch unser Radfahren ein trainiertes Hinterteil zu haben, schwingen wir uns am ersten Morgen auf’s Pferd. Nach 8 Stunden im Sattel (Holzsattel mit Decke darueber), waren wir am Ende des Tages jedoch eines besseren belehrt (ohne hier auf anatomische Einzelheiten einzugehen). Sattel ist jedenfalls nicht gleich Sattel!
Da die sonst bereitgehaltenen Touristenjurten bereits tags zuvor abgebaut wurden, ist es uns vergoennt mit der ganzen Gastfamilie gemeinsam das Jurtenleben zu teilen. Direkt im Anschluss an die Abenddaemmerung geht der Vollmond in der klaren kalten Nacht ueber den nahegelegenen Bergen auf, was fuer eine Stimmung! Spaet am Abend kommen noch ein paar Durchreisende, die sich etwas aufwaermen wollen (wir sind etwa auf 3000m Hoehe und nachts wird es wieder empfindlich kuehl) und so wird bis spaet in die Nacht Essen und Tee gereicht.
Unsere Reittour fuehrt uns am zweiten Tag an den Sang Koel See. Zum beheizen unserer Jurte bei Nacht mit dem kleinen Ofen sammeln wir hier des nachmittags soviel getrocknete Kuhscheisse, wie wir herbeischaffen koennen! So heiss wie diese Nacht hatten wir es in einer Jurte bisher auch noch nie!
In Bishkek verlaengern wir unser Visum fuer Kirgisistan. Hierfuer stellen wir uns insgesamt vier Mal im „Department for Passport and Visa Control“ an, wenn wir jeden Gang zum Fotokopieren von Dokumenten etc. mitzaehlen, sind es aber auch noch ein paar mal mehr. Am Freitag vertroestet man uns auf Montag, zum Glueck haben wir die Zeit. Am Montag koennen wir bei unserem letzten Besuch in der hintersten Amtsstube unsere Paesse mit verlaengerten Visa in Empfang nehmen. In der Stube „arbeiten“ vier Agestellte an drei Schreibtischen. Der vierte Arbeitsplatz ist die Tastatur eines Computers auf einem PC-Gehaeuse, das auf dem Boden steht, mit dem Monitor auf einer Schreibtischecke einer Kollegin. Am beeindruckendsten jedoch ist die Arbeitsweise und das allgemein herrschende Chaos. Zu den vier Beamtendamen sind jederzeit mindestens an die 8 weitere Personen wie wir am Warten und Rumwuseln in dem gut 16 Quadratmeter grossen Raum. Leute die Paesse abholen wollen, suchen diese zusamen mit einer der Damen in einem von zwei Plastikwaschzubern, in denen diese zwischengelagert werden. Dabei werden jedesmal wahllos zig Paesse in die Hand genommen und durchgeschaut bis der richtige gefunden ist. Eine Sortierung gibt es nicht. Uns fasziniert es total, wie dieser Vorgang fuer jeden Kunden locker 10 Minuten in Anspruch nimmt und das fuer jeden hier das normalste der Welt zu sein scheint. In unseren mitteleuropaeischen Koepfen erdenken wir uns natuerlich gleich verschiedenste Methoden, wie das ganze effzienter von statten gehen wuerde.
Unsere Paesse liegen bei unserem letzten Besuch auf einem Schreibtisch bei einer Beamten, die irgendetwas in ein grosses Buch eintraegt. Von dort wandern sie unter unseren Blicken in einem Stapel von Paessen zum Schreibtisch mit der einzigen Dame in Uniform. Ist der Stapel an Paessen vor ihr gross genug, um sie zu einer Reaktion zu bewegen, oeffnet sie den kleine Safe hinter sich in der Ecke, entnimmt ihm eine abgenutzte Pappschachtel mit einem Stempel darin und drueckt diesen in ruhiger Gleichmaessigkeit je einmal in insgesamt ca. 20 Paesse vor sich. Der Stapel Paesse kommt dann zum dritten Schreibtisch und wird dort zum Fuellen der Luecken in den Aufbewahrungs-Plastikwannen verwendet. Bevor unsere Paesse in einer der beiden Wannen verschwindet ergattern wir diese. Hat man seinen Pass nun in den Haenden, unterscreibt man den Empfang in dem grossen Buch, das fuer diesen Zweck vom ersten zum dritten Schreibtisch geschafft wird. Dass, je nachdem wo sich gerade dieses Buch befindet, einer der Arbeitsplaetze seiner Arbeitsgrundlage entzogen ist, mag man bereits erahnen!
Auf unserem Weg zurueck nach Naryn, auf durchgesessenen Ladaruecksitzen, durchfahren wir ein weiteres Mal grandiose Landschaften. Fuer unsere weitere Fahrt mit dem Rad durch das kirgisische Hochland decken wir uns auf dem Markt noch mit zwei grossen mit Schafsfliess gefuetterten Decken und anstaendigen Winterjacken ein. Noch einmal frieren des nachts wollen wir nicht mehr. Voellig ueberladen mit Essen fuer 6 Tage (wir koenne und wollen immer noch nicht darauf verzichten uns unterwegs anstaendig zu bekochen) und unseren voluminoesen neuen Decken und Jacken, machen wir uns, mit den noetigen Dokumenten fuer die Fahrt ins Grenzgebiet in den Taschen, erneut auf den Weg. Wollen wir hoffen, dass uns das Wetter noch einmal verwoehnt. Bei drei Fahrtagen ueber 3000m Hoehe wird dies Anfang Oktober der limitierende Faktor werden. Seit unserem Start vor vier Monaten, hatten wir bisher bis auf zwei kurze Schauer (wovon einen an unserem dritten Tag in Oesterreich) nicht einen einzigen Regentag!

Weitere Bilder online

Oktober 1st, 2007

Haben es endlich geschafft, ein paar Bilder von unserem Trip ueber den ersten Teil des Tian Shan (Yssik Kul nach Naryn) hochzuladen. Zu finden unter folgendem Link

Selbst ist der Gast

September 28th, 2007

Nach der sehr erlebnissreichen Fahrt nach Naryn haben wir Abends in einem Restaurant noch unseren doch traurigen Abschied von Schnukkel unserem Hund „gefeiert“, den wir nach der Bergetappe verlassen mussten. Zur naechtlichen Trauer haben wir uns dann frueh in unser Hotel zurueckgezogen.
Das Hotel Ala-Too ist eine Gedenkstaette frueherer Zeiten in dem nur sehr sparsame oder historisch interessierte Touristen absteigen. Wir haben dort eine der wenigen Suiten fuer 600,- Som/Nacht (ca. 12 Euro) bekommen. Dafuer bekamen wir ein drei Zimmer Apartment in einem alten sovietischen Betonbau mit einem Bad, das seine mind. vierzig Jahre Erfahrung nicht leugnen kann. Diese Suite war im vierten Stock am Ende eines ca. 10 Meter langen Ganges. Die Fortfuehrung des Ganges ging ueber unser ganzes Apartment, wobei nur im oeffentlichen Teil das Licht funktionierte. Das Schloss der Tuer war im oberen Drittel dieser angebracht, da am ueblichen Platz des Schlosses ein grossen Loch war, das mit einer Holzplatte verdeckt war. Der Rahmen der Tuer war auch schon des oefteren geflickt, wir schenkten dieser Konstruktion aber keine grosse Aufmerksamkeit.

Gegen 01.00 h morgens wurde ich von einem lautem Krachen geweckt und sah noch etwas verschlafen von meinem Bett kurz Licht in unserem Gang – wo eigentlich gar kein Licht gehen kann. Kurz darauf waren auch noch Schritte zu hoeren. Erschrocken stand ich auf und bin in den Gang gelaufen wo ich nur noch eine Person durch unsere Abschlusstuer fluechten sah. Ich sprang durch den Flur und blieb in der aufgebrochenen Tuer stehen und konnte niemand mehr im Rest des beleuchteten Flures sehen. Vor mir lagen Teile des Tuerrahmens und etwas Gips und ich war ziemlich durcheinander. Kurz darauf kam der Nachtwaechter und die von Kolja herbeigerufene Rezeptionistin und nahmen die ersten Spuren auf. Dann wurde der „Einbruch“ geloest wie bei „Ein Fall fuer Zwei“. Es stellte sich heraus, dass ein Gast, der im Zimmer neben unserem mit seinem Freunden feierte, kurz auf den Flur ging um frische Luft zu schnappen. Beim Zurueckgehen hatte sich wohl der (betrunkene) Kirgise in der Tuer geirrt und fand unsere verschlossene Tuer vor. Er dachte wohl, dass seine Freunde sich einen Scherz erlaubten und riss feste an der Tuer … den Rest kennen wir ja schon.
Die Diskussion um die Reparaturkosten ersparten wir uns dann und verschlossen die Tuer mit Seilen am Kleiderstaender an der Wand. Trotz dieser Verschlussmethode konnten wir beide den Rest der Nacht nicht besonders ruhig schlafen.

Am naechsten Morgen entschlossen wir uns trotzdem noch eine weitere Nacht in diesem Hotel zu bleiben und ich ging zur Rezeption um dies zu erklaeren und die Reparatur der Tuer zu verlangen. Auf mein Begehren eine Tuer zum Abschliessen zu bekommen, uebergab mir die Frau drei Naegel und eine Kombizange. Diese Herausforderung muss man als deutscher Handwerker wohl annehmen. Der Tuerrahmen wurde mit den drei Naegeln geflickt und ist nun genauso stabil wie vorher (so gut wie gar nicht).

Seitdem sind wir noch eine weitere Nacht geblieben und konnten auf wieder gut schlafen, wenn noetig mit Hilfe von etwas Vodka, der Ursache dieser ganzen Geschichte.

Wegen des Nationalfeiertags der Chinesen am 01. Oktober ist der Torugart Pass bis zum 08. Oktober gesperrt und wir muessen noch ein wenig Zeit totschlagen. Aus diesem Grunde haben wir den Fahrradsattel mit einem richtigen Sattel getauscht und haben einen Reitausflug an den Song Koel See gemacht und sind nun von dort ueber Koshgor nach Bishkek, der Haupstadt von Kirgistan gefahren. Hier werden wir drei Naechte bleiben, bevor es wieder zurueck nach Naryn und dann weiter nach China geht.