Archive for August, 2007

In den Bergen um Almaty

Freitag, August 31st, 2007

Da wir nun schon eine Woche in Almaty waren und noch weitere Tage auf das Visum fuer Kirgistan und China warten muessen, haben wir uns entschieden der Stadt den Ruecken zu kehren und in die Berge suedlich von Almaty zu fahren. Unser initialer Plan war es, etwas Kondition fuer die kommenden Hoehen in Kirgistan aufzubauen daher nahmen wir fuer den mehrtaegigen Ausflug unser ganzes Gepaeck und Proviant mit (Summe Fahrrad und Gepaeck ca. 60 kg).
Von der City in Almaty (ca. 700 m. NN) ging es auf der Teerstrasse bis Kokshoky oberhalb der Stadt, wo wir unsere Wasservorraete fuellten (Bild) und dann auf einem breiten Weg weiter bis zum Wasserkraftwerk GES 2. Von dort wurde die Strasse immer schlechter und steiler was schieben der Bikes (Bild) zur Folge hatte. Ziemlich erschoepft schlugen wir unser Nachtquartier auf 2300 m.NN auf und wurden mit einer traumhaften Kulisse bei Sonnenuntergang belohnt (Bild). Am naechsten Tag kamen wir gegen Mittag am Bolshoe Almatinskoe See auf 2500 m. NN an (Bild). Dieser See ist von November bis Juni zugefroren und zeigt nur in den uebrigen Monaten seine helle tuerkisene Farbe (Bild). Wir verbrachten die Mittagsstunden am See (Bild) bevor es den steilen Pfad in Richtung Observatorium hinaufging (Bild). Das Observatorium ist ein nicht eingezaeunter Komplex (Bild) auf 2800 m. NN und waere ausserdem die ideale Kulisse fuer einen James Bond Film. Bei der Einfahrt begruessen einen ein paar alte Autowracks vor einer Felsmauer. Dahinter erstreckt sich eine riesige Satelittenschuessel (Bild) und weiter hinten mehrere verrostete Kupeln (Bild), wie man sie in einem Observatorium erwartet.
Hinter dem Gelaende sassen, geschuetzt von einem Steinhaufen zwei Soldaten, die kasachische Grenzpatruillie. Sie checkten kurz unsere Dokumente und als wir die getrockneten Bananen, die wir dabei hatten mit Ihnen teilten, fanden wir heraus, dass einer dieser beiden Maenner die uebrigens nicht aelter wie wir waren, sogar ein wenig deutsch konnte. Die Jungs teilten uns mit, das wir nun noch 3,5 km weiter nach Kosmostansia (3300 m. NN) fahren koennen aber der Weg danach mit den Bikes nicht mehr befahrbar sei. Das ist doch eine Herausforderung, oder? 
Wir verabschiedeten uns und schlugen kurz darauf unser Quartier mit herrlichem Blick auf den See auf (Bild). Am naechsten morgen ging es die letzten 400 Hoehenmeter auf steiler Piste (Bild) bis zur Wetterstation Kosmostansia (Bild). Ueberall um das Gelaende sind kleine Wetterstationen aufgebaut, deren Daten zentral gesammelt werden (Bild). Ein Professor (Bild) (so zerstraeut wie man es sich vorstellt) erklaert uns, das hier Gewitter untersucht werden und das die Station ein Aussenstelle der Universitaet in Moskau ist. Daneben will er uns kurz das politische Geschehen in Kasachstan und die Verdienste der Universtaet in Moskau Nahe bringen. Wir fluechteten von hier und fuhren die bis dato schoenste Downhillstrecke (Bild) ins Prokhodnaya Tal. Man merkte aber schon, das unsere Bikes mit Gepaeck nicht so einfach auf den schmalen Pfaden zu manivrieren waren (Bild).
Am Abend schlugen wir unser Zelt direkt neben dem Fluss auf (Bild) und Kolja richtete unser Abendessen (Bild). So idyllisch diese Schlafstelle auch aussieht, wir konnten nur mit Ohrstoepsel schlafen, da wir ansonsten durch das Rauschen des Flusses die ganze Nacht auf’s Klo muessten.

Am Abend beschlossen wir, morgen zu Fuss bis zum Almaty Pass zu laufen, da der Weg mit den Bikes sehr anstrengend werden wuerde.
Auf den ca. acht Kilometer und 700 Hoehenmeter vom Zelt bis zum Pass sahen wir viele Murmeltiere, die sich aber bei unserem Anblick immer in Ihre Loecher zurueckzogen. Ausserdem war der Weg mit Edelweis (Bild) und seltsam geformten Disteln (Bild) geschmueckt. Der Pass auf 3600 m. NN stellt die Grenze (Bild) zwischen Kasachstan und Kirgistan dar. Hier gab es keine bewachten Grenzposten und so konnten wir unsere Mittagspause ohne Visum und Einreise in Kirgistan verbringen. Von hier hatten wir einen herrlichen Blick auf das was uns in ein bis zwei Wochen dort erwarten wird.

In dieser Nacht hatten wir unerwartet den ersten Schnee und wir und unser Zelt somit den ersten Frost zu durchstehen (Bild).
Eine sehr anstrengendes Vorhaben war dann am naechsten Tag der Weg von unserem Zeltplatz zurueck nach Almaty. Da es keine guten Wanderkarten von dieser Gegend gibt, haben wir unsere Routen auf russischen Generalsstabskarten herausgesucht (Bild). Der komplette Abstieg von 11 Stunden gestaltete sich wie ein Computerspiel mit mehreren Schwierigkeitsstufen:

Level 1: Der Anfang des Abstiegs war sehr schoen durch Wiesen mit moderatem Gefaelle. Ab und zu mal ein Stein unter dem hohen Grass.
Level 2: Der Weg wurde schmaler und links davon ging es steil bergab in Richtung Fluss. Die Strecke war aber noch befahrbar, doch bei einem Ausrutscher nach links waere es Game Over!
Level 3: Der Pfad wurde immer steiler, grosse Felsbrocken zwingen die Fahrer zum Tragen der Bikes. Bei einer unuebersichtlichen Stelle schlaegt der Zahnkranz von Christophs Bike auf einem Felsbrocken auf, ein Zahn wird abgeschlagen.
Level 4: Mehrere Tragepassagen durch Seitenfluessen, gefuellt mit Wasser oder ausgetrocknet. Teilweise ist der Pfad abgerutscht und wir muessen das Gepaeck von den Bikes trennen und alles einzeln ueber die Stellen tragen.
Level 5: Graspassage mit Brennnesseln und Disteln (natuerlich zusaetzlich zu den bisher genannten Charakteristiken)
Level 6: Der Pfad wird sehr steil und fast treppenaehnlich. Dann verbreitert sich der Pfad zu einem kleinen gut zu befahrenen Weg (Yipii). Dieser Weg geht ca. 50 Meter um eine Kurve und wird dann wieder zu einem steilen nichtfahrbaren Pfad (dies war ein mentaler Test)
Level 7: In Alma Arasan angekommen standen wir dann vor einem 2 Meter hohen Zaun, der nicht zu ueberwinden war. Das Verhandeln mit den dortigen Security war nicht von Erfolg gekroent und wir mussten mit den Bikes die bisher steilste Passage in das Flusstal hinunter. Die Bikes mussten an einem Seil heruntergelassen werden.
Level 8: Schliesslich die Fahrraeder und das Gepaeck an einem Seil ueber den Fluss transportieren.

Diesen Tag beendeten wir absolut gluecklich im American Bar und Grill Restaurant. Die Nacht verbrachten wir in einem etwas renovierungsbeduerftigen Gostiniza, das ueblicher Weise nur stundenweise vermietet wird.

In Almaty

Mittwoch, August 29th, 2007

In diesem Text versuche ich nun Wort und Bild zu verknuepfen und habe deshalb direkt im Text Links zu dem entsprechenden Bild oder Beitrag gesetzt. Wenn man auf (Bild) klickt erscheint das dazugehoerige Bild.

Wir sind nun nach der erlebnisreichen Zugfahrt in Almaty in Kasachsatan angekommen. Vielleicht kurz ein paar Infos zum Land, da ja vielleicht nicht soooo bekannt: Kasachstan ist das groesste Land in Zentralasien und das neunt groesste Land der Welt. Der Bereich Zentralasien umfasst alle „tan“ Laender, naemlich Afghanistan, Usbekistan, Tatschikistan, Turkmenistan, Kasachstan und Kirgistan.

Nun aber wieder zurueck zu Almaty, diese Stadt mit ca. 1,5 Mio. Einwohner war bis Dezember 1997 die Haupstadt von Kasachstan, bis entschieden worden ist, dass Astana im Herzen der endlosen kasachischen Steppe doch der „bessere“ Standort waere. Trotzdem bleibt Almaty so ein bischen die heimliche Hauptstadt, mit noch fast allen Auslandsvertretungen und bildet ausserdem das kommerzielle Herz des reichsten Landes in Zentralasien. Dies wird besonders beim Einkaufen im Supermarkt klar, wo man Kuehne Spreewaldgurken, jegliche deutsche Saefte, Butter und sogar Marmelade von der Discountermarke von Edeka erhaelt. Oftmals sind die Verpackungen gaenzlich in Deutsch gehalten und nur auf der Rueckseite ist ein kleiner Aufkleber in gyrillisch mit der Anschrift des Importeurs. Aufgefallen sind uns hier aber auch gute Kopien von Produkten (Bild) und Marken (Bild). Der krasse Gegensatz zu dem Supermarkt ist der Zelyony Bazaar in der Innenstadt von Almaty, wo hunderte Haendler mit manchmal identischem Angebot auf kleinstem Raum um die Gunst der Kunden werben.

Fuer unsere weitere Reise fehlen uns noch die Visa fuer Kirgistan und China und daher muessen wir sowieso eine laengere Organisationspause einlegen. Gluecklicherweise hat Almaty neben den Botschaften auch noch Weiteres zu bieten. Die gute Lage direkt an der Tianshan Bergkette mit mehreren Gipfeln ueber der 4000er Marke bietet viele Moeglichkeiten die Wartezeiten sinnvoll zu nutzen.

Zeitlich im Vordergrund stand aber nach der Ankunft hier die uebliche Registrierung, wie wir sie ja schon von Russland kannten. Die Registrierung war diesmal ganz einfach, da das Visumunternehmen in Deutschland, ueber das wir dieses Visa geordert hatten, diese Registrierung schon uebernommen hatte (dies wussten wir natuerlich nicht). Zum Glueck wie sich noch spaeter rausstellen wird.

Die anderen Dinge wie Visa und Unterkunft erledigten sich hier in Almaty auch ganz einfach Dank Anna. Die 25 jaehrige Russin (Bild) die in Almaty lebt haben wir ueber den Hospitalityclub (ein Forum im Internet) kennengelernt. Sie spricht perfekt Englisch und hat sich bei den oben genannten Dingen wie auch bei der Gestaltung des Wochenendprogramms, Einfuehrung in kasachische Sitten und dem Sightseeing Programm riesig engagiert. Danke Anna!
So lernten wir beide eine kasachische Sitte beim Wodka trinken kennen, die ich wie folgt beschreiben moechte:
Anna goss eine Runde dieses wohlbekannten Getraenkes aus, als die Flasche beim Fuellen meines Glases zur Neige ging. Dies bedeutet nun als erstes, dass ich einmal eine schoene Frau bekommen werde (soweit ein guter Brauch!) Weiterhin musste ich aus diesem Grunde die leere Flasche in die linke Hand nehmen und ueber die linke Schulter werfen (was motorisch nach mehreren Runden nicht mehr so einfach ist). Wenn die Flasche dann auf dem Boden zerbricht, darf der Werfer sich etwas wuenschen. Ich habe mich diesem Brauch gefuegt und nur angemerkt, dass dies wohl das kasachische Recycling darstellt. Es versteht sich ja von selbst, dass ich am naechsten Morgen die Glasscherben zusammengekehrt und fachmaennisch entsorgt haette, wenn ich den Ort des Geschehens wiedergefunden haette.
Da Almaty ein boomende Stadt ist und ueberall gebaut und investiert wird, ist wie schon in den vorherigen Laendern die Anzahl der Hotelbetten begrenzt und die Preise dementsprechend hoch. Doch mit Hilfe von Anna konnten wir ein Apartment fuer 23 Euro pro Nacht bekommen. So ein Apartment ist wie schon von Moldavien bekannt, eine leerstehende Wohnung (Bild) die meist mit altersschwachen Moebeln moebeliert ist und in einem grossen Wohnblock liegt. In einer solchen Wohnsiedlung faellt man natuerlich als deutscher Radtourist auf und kurz nach dem Bezug der Wohnung hatten wir schon Besuch von einem Polizisten mit seinem Kumpel. Die wollten natuerlich als erstes ihr Taschengeld aufbessern und fragten nach unserer Registrierung. Da aber bei uns in diesem Falle alles i.O. war und wir die beiden erst gar nicht eintreten liesen sondern alles durchs Fenster abhandelten gaben sie uns zum Schluss nur noch gute Ratschlaege wie z.B. die Haustuere zu verschliessen und gingen von dannen.

Die Wochenend Nachmittage haben wir dann wie es sich fuer eine staedtische Familie gehoert in einem der vielen Parks verbracht. Wegen des naechtlichen Vorabendprogramms (Bild) haben wir allerdings auf die Fahrt mit Achterbahn und Co. im grossen Gorky Park verzichtet.
Am Samstag Nachmittag sind wir dann mit Anna und zwei Niederlaenderinnen zum Schiegebiet Chimbulak (Bild) oberhalb der Stadt gefahren. Auf dem Weg dort hin, haben wir viele geschmueckten Strech Limusienen (Bild) gesehen, die von fuenf bis sechs weisen Mercedes Limousinen (300er bzw. 500er Klasse) verfolgt wurden. Anna teilte uns mit, dass dies hier absoluter Standard fuer eine Hochzeit sei (natuerlich wer sich’s leisten kann) und das Brautpaar in der Strech Limo sitzt und die Gaeste in der Mercedes Eskorte folgen. Die Anzahl solcher Gespanne des heutigen Tages wuerde ich auf ueber 40 schaetzen und gestern am Freitag sind uns diese Eskorten auch schon gehaeuft aufgefallen. Ich frage mich nur, wo sie in Almaty diese grosse Anzahl von Maennern auftreiben und habe nun aber die Antwort fuer die hohen Gebrauchtwagenpreise in Deutschland gefunden.

Im Stadtverkehr von Almaty wundert man sich sowieso ueber die Dichte an teuren Autos. Kolja’s erste Anmerkung auf dem Weg vom Bahnhof zur Unterkunft: „Wenn ich mich hier niederlassen muesste, wuerde ich Mercedes Benz Haendler werden“, soll dies verdeutlichen. Aber keinenfalls alte Gebrauchtwagen aus dem Westen, eher viele der neusten SUV Modelle aus Deutschland und alle grossen Gelaendewagen aus Fernost.
Das fremdartigste aber hier ist der Verkehr selbst. Einerseits werden die Rot Gruen Phasen der Ampelkreuzungen so optimiert, das die wartende Autoschlange schon beim Umschalten des Gegenverkehrs von Gruen auf Gelb losfaehrt (die Ampeln sind hier hinter der kreuzenden Strasse platziert, daher sieht man dies) um dann bis zur naechsten Ampel die 800 Meter weiter steht die maximale Geschwindigkeit auf die das Fahrzeug beschleunigen kann zu erreichen um dann wiederum hupend und mit quitschenden Reifen zum Stehen zu kommen. Die Hupe wird uebrigens mindestens so oft wie die Kupplung benutzt, was den Laermpegel auf und um die Strassen drastisch erhoeht. Zusammenfassend kann man sagen, das der Stadtverkehr hier ziemlich stressig ist, besonders wenn man diesen „Strassenkampf“ mit einem Fahrrad antritt.
Eine doch ganz witzige Erscheinung ist die Kennzeichnung einer gewissen Fahrergruppe am Auto selbst. Ein rotes Dreieck mit einem Damenschuh darauf (Bild), soll die anderen Verkehrsteilnehmer offensichtlich vor etwas warnen, vor was bloss?

Neue Bildergallerien sind online

Freitag, August 17th, 2007

Hallo liebe Blogleser,
wie ihr sehen koennt sind in den letzten Tagen zwei neue Berichte online gestellt worden. Eine lange Zugfahrt hat uns zu literarischen Hoechstleistungen angetrieben.
Heute untermauern wir die geschriebenen Worte noch mit ein paar Bildern von Wolgograd und Astrakhan, sowie mit einer eigenen Bildergallery der detailiert beschriebenen Reise mit dem Zug von Russland nach Kasachstan. Die Bilder findet Ihr wie gewohnt unter dem Link Bildergallery.
Ausserdem haben wir die Reisestatistik wieder etwas der Realitaet naeher gebracht – Kilometerangaben folgen!
Durch die teuren und teilweise schlechten Internetverbindungen muss die Aktualisierung des Weges in Google Maps (letzter Aufenhaltsort) noch etwas auf sich warten. Doch wir arbeiten daran :-).

Viel Spass beim Lesen & Schauen wuenschen Euch

Christoph & Kolja