Wir haben 8 Tage voller schoener Eindruecke hinter uns. Am zweiten Tag nachdem wir Almaty verlassen und uns wieder an das Radeln gewoehnt hatten, waren wir dann endlich wieder in der ersehnten ruhigen Natur. Auf unwegigen, steinigen Pisten ging es ein alpin anmutendes Tal hinauf zu den noerdlichen Auslaeufern des Tian Shan. Bei unserem zweiten Nachtlager haben wir zum ersten mal auf dem Feuer gekocht. Am Morgen war alles ziemlich feucht und kalt , da wir tief im Tal und nahe am Fluss gecampt hatten. Von hier ging es weiter bergauf und zu den ersten hoch gelegenen offenen Taelern, die den Kasachen als Sommerweiden dienen. Einzeln verstreut standen noch einige Jurten, die auch bald das Feld vor dem herannahenden Winter raeumen wuerden, und ueberall im Tal grasten grosse Schaf-, Kuh- und Pferdeherden. Die Pferdeherden finde ich ja am schoensten, wenn sie ueber die grasige Landschaft dahingalloppieren. Ueber den Huegeln hat man die schneebedeckten Gipfel der hoechsten Spitzen des Tian Shan sehen koennen. Mit ein paar Kasachen, die in ihrem VW-Bus auf den einfachen Pisten des Weges kamen, mussten wir noch 4 Vodkas trinken, vor dem Mittagessen! Die Kasachen, inkl. dem Fahrer waren schon alle blau! Selbst hier oben, in der schoensten Natur, wurde dann die leere Flasche einfach ueber die Schulter hinweg in die Vergessenheit befoerdert!
Zur Navigation hatten wir uns in Almaty teils recht alte aber sehr detaillierte russische Militaerkarten besorgt. Ohne waere eine Fahrt durch die Berge nicht denkbar. Dennoch faellt es bei den Strassen hier im Hochgebirge, den zig nicht verzeichneten Wegen und deren sich immer wieder aendernden Verlaufs, teils schwer sich zu orientieren. Das ein oder andere mal haben uns Kompass und einfaches Hand-GPS gute Dienste erwiesen. So zum Beispiel sieht ein Abzweig aus (Bild), welcher Weg ist da der richtige??
Unsere dritte Nacht haben wir oberhalb einer Jurte, mit unserem Zelt ueber einem Flusse tronend, auf ca. 2300m Hoehe, gecampt und von hier aus, wie ein altes Ehepaar in Decken eingewickelt, abends den Sonnenunter- und morgens den Sonnenaufgang beobachtet. Ohne Sonne war es da schon recht kalt, was uns daran erinnerte, zu welch spaeter Jahreszeit wir noch ins kirgisische Hochland wollen. Nachdem wir bereits in unseren Schlafsaecken lagen hat uns Samat, einer der Jurtenbewohner, besucht und wir haben mit Haenden und Fuessen mit Hilfe unseres Fotobuechleins im Schein der Taschenlampen noch ein bischen geplaudert. Am kommenden Morgen hat er erst seine Kuh- und dann seine Schafsherde bei uns vorbei gefuehrt und wir haben noch ein Fotoshooting gemacht (Bilder). Dieser Tag hatte so viel verschiedene schoene Landschaften fuer uns parat, dass die Eindruecke der vorangegangenen Tage immer so schnell verblassen. Am Morgen folgten wir dem Flusslauf durch das offene ueber 2200m gelegene gruene sanfte Tal, dann verengte sich alles zu einer Schlucht und wir fuhren auf Strecken oberhalb des Flussverlaufs, die eher an eine Achterbahn erinnern wuerden. Die Erde wurde roetlich und rotbraune Felsen flankierten die Seiten. Dann waren wir ploetzlich von sanften gruen-goldenen Huegeln umgeben, die durch die Winde fein terrassiert waren, bevor wir auf einer engen Wildwest-Postkutschen-Indianer-im-Hinterhalt-Strecke eine gute Stunde die Raeder beraufgeschieben konnten. Oben auf dem Pass, im Nichts, ein Haus in der Ferne, eine Pistenkreuzung, alles weit weg von dieser Welt. Der Blick in die eine Richtung zu den schneebedeckten Gipfeln des Tian Shan, in die andere Richtung ueber zerklueftete Bergketten bis zur kasachischen Steppe. Als Ueberraschung am Ende des Tages: Am Fusse der langen Abfahrt auf schottrigen Pisten breitet sich ein grosser blauer Stausee aus. Ueberraschung deswegen, weil er auf keiner unserer Karten verzeichnet ist! Zum Baden (bzw. auch fuer meine Angelversuche mit Salami am Haken) war das direkte Seeufer leider zu schlammig.
Das Highlight des kommenden Tages war der Tscharin Canyon. Scheiss auf den Grand Canyon! Klasse statt Masse! (s. Fotos) Gecampt haben wir offiziell direkt im Naturschutzgebiet, tief im Canyon am Fluss unter Baeumen. Bei uns wohl kaum vorstellbar.
Die folgenen Tage ging es durchs laendliche Kasachstan. Ein paar Tage waren wir zu dritt unterwegs mit Peter aus Australien, der auch per Rad eine Tour durch Kirgisistan macht.
Das Ueberschreiten der Landesgrenze nach Kirgisistan war unspektakulaer. Auf kasachischer Seite waren die Beamten mit neustem Stand der Technik ausgeruestet (Computer und Kamera). Im Container des kirgisischen Grenzbeamten wurden unsere Daten per Hand in ein DIN A4 Buch eingetragen. Kasachstan gilt als das reichste Land Zentralasiens. Kirgisistan hingegen mitunter als das aermste.
Beim ersten Laden (Magasin) im neuen Land, einem Bauwagen aehnlicher Anhaenger neben einer Jurte mit wenig Angebot aber immerhin min. 15 verschiedenen Sorten Vodka, erstehen wir frisches Schafsfleich fuer den Abend. Ueber einem kleinen Feuer unter endlosem Sternenhimmel, grillen wir des abends dann zwei herrliche Lammspiesse. Waren die lecker! Wir sind richtig darueber hergefallen :-). Das Timing war nicht ganz so perfekt, weil Peter, unser Australier, naemlich Veganer ist, aber, durch solche Laender reisend, hat er sich ja schon an einiges gewoehnen muessen.
An unserem ersten Tag in Kirgisistan haben wir so unsere Sorge mit den recht schlechten Strassenverhaetnissen auf den 85km bis nach Karakol. In Karakol koennen wir dann aber gluecklich am Abend unseren 100. Reisetag begiessen. Da es hier einigen Individualreisetourismus gibt, hat das Restaurant sogar eine Speisekarte in Englisch. Was fuer ein Segen! Die Preise sind uns auch gleich ganz sympatisch. Ein Salat kostet ca. 80 Cent, eine Hauptspeise zwischen einem Euro und 1,50 EUR. 0,5 Liter Bier eta 80 Cent. 0,3 Liter Vodka allerdings nur 60 Cents, im Restaurant! Irgendwann wollen wir noch, einfach nur wegen des olympischen Gedankens, mit 50 Som (entspricht genau einem Euro) in der Tasche in ein Cafe gehen und sehen wie weit wir und der Vodka damit kommen…
Nachdem wir hier in Karakol ein paar heisse Quellen in den Bergen besucht und heute in aller Herrgottsfruehe den chaotischen Viehmarkt bestaunt haben, sind wir wieder ausgeruht und werden uns morgen Richtung Naryn auf den Weg machen.