Im Orient von China

Die Weg ueber den Torugart Pass ist bekannt als ein Teil der Seidenstrasse von Osten nach Westen. Es gab verschiedenstes Routen auf denen die Gueter mit Kamelen transportiert wurden, doch viele der einzelnen Routen vereingten sich bei Bergpassagen, wie z.B. dem Torugart Pass. Auch heute noch werden Gueter ueber diese Paesse transportiert, doch nicht mit dem Kamel sondern mit dem LKW.
Der erste grosse Ort nach dem Tian Shan Gebierge, dass Kirgistan und China trennt ist dann Kashgar ganz im Westen von China. Von hier splitteten sich die Routen dann in eine die suedlich der Taklamakanwueste und eine die noerdlich davon weiter in den Osten verlaeuft. Wir sind am 09. Oktober in Kashgar angekommen.

Der Kontrast zwischen Kirgistan mit seinen kleinen und uebersichtlichen Staedten und den wenigen Menschen zu Kashgar, einem fuer chinesischen Verhaeltnissen kleine Provinzstadt mit ca. 400 000 Einwohnern, konnte nicht groesser sein. Selbst diese so weit im Westen gelegene Stadt ist viel moderner und groesser als alle Staedte die wir in Kirgistan und auf dem meisten Teil unserer Route gesehen haben.
Wie in so vielen Staedten in China muessen auch in Kashgar die alten und historischen Gebaeude und Stadteile neuen Hochhaeusern mit Glasfassaden weichen, Entwicklungshilfe al’a Bejing. Trotz dieses Trends gibt es in den Seitenstrassen von Kashgar noch ein Seidenstrasseflair mit klassischen Maerkten, Handwerker, Haendler und Haeuser aus der glorreichen Zeit des internationalen Handel via Kamel. Da die Handwerker direkt an der Strasse arbeiten, kann man Blechnern bei der Herstellung von Vasen, Wannen und Kannen zuschauen, Schreinern beim Drexeln, Metzger beim Zerlegen von Tieren, Geigenbauer bei der Herstellung von Musikinstrumenten und allerlei andere Tugenden die man in Deutschland wahrscheinlich nur noch sehr verreinzelnd finden kann. Gehandelt wird in diesen Teilen der Stadt mit allem was man sich so vorstellen kann, besonders sind die verschiedenen Fitmacher die in Form von getrockneten Schlangen oder Echsen verkauft werden. Die Fassaden der Hauser von ehemals erfolgreichen Haendlern sind reich geschmueckt auch wenn hier und da ein bischen die Farbe erneuert werden koennte. Die Haendler aber sind so geschaeftig wie eh und je und bieten uns Auslaendern Ihre Waren am Beginn des Verhandelns fuer den acht- bis zehnfachen Preis an, wofuer wir dann schlussendlich zugreifen (und wahrscheinlich immer noch zu viel bezahlt haben).
Die ganze Infrastruktur wie Strassen, Tankstellen und Geschaefte hat Dimensionen, die wir seit Anfang unserer Reise nicht mehr gesehen haben. Himmlisch ist hier das Angebot an Essen – einfach riesig und sehr abwechslungsreich.
Das autonome urigurische Gebiet Xinjang in dem Kashgar liegt, setzt sich aus ca. 50 % Uriguren, der Urbevoelkerung des Landes und ca. 50 % Chinesen die eingesiedelt worden sind zusammen. Das typische urigurische Essen, das eigentlich aus der Mongolei kommt ist der „Hotpot“. Man sitzt an einem Tisch mit einem Loch darin in dem ein grosser Topf steht und von unten beheizt wird. Der Topf ist zweigeteilt, in der einen Haelfte ist sehr scharfe Suppe und in der anderen Haelfte ist scharfe Suppe. Man sucht sich dann verschiedene Zutaten wie Gemuese, Fisch oder Fleisch aus, dass je nach Dicke entsprechend lang in die kochende Suppe gehalten und danach gegessen wird. Das Essen mit Staebchen ist fuer uns uebrigens kein Problem, bei der Nahrungsaufnahme sind wir beide ja sehr anpassungsfaehig. Ein anderes urigurisches Gericht sind gekochte Schaafsfuesse, eine fettige und knorpelige Angelegenheit. Eine besondere Beilage ist Lagman, frisch gemachte Nudeln die vor den Augen der Gaeste gezogen und geschlagen werden und von zwei Meter Entfernung in das kochende Wasser geworfen werden oder ein Gemisch aus Mehl und der Lunge von Schaafen, was wir anfaenglich fuer Kartoffeln hielten – hat trotz der unapetitlischen Vorstellung gut geschmeckt. In kleinen und grossen Markthallen werden dann eine Vielfalt von getrockneten Fruechten angeboten. Alleine die Farbenpracht ist herrlich anzusehen, denn kaufen ist auch hier als Auslaender eine ueberteuerte Angelegenheit wenn man nicht hart verhandeln kann.

Neben der urigurischen Kueche gibt es ueberall an den Strassen kleine Laeden bei den man die Vielfalt der chinesischen Kueche probieren kann. Die Vielzahl der Restaurants laesst annehmen, dass die Leute hier nicht zu Hause essen, sondern sich in einem der vielen Restaurants und Imbisse bedienen. Die Kosten liegen so zwischen 0.30 Euro an einem Imbiss fuer ein Nudelgericht bis 1.50 Euro in einem Restaurant.
Die eigentlichen historsichen Stadteile sind dann eher ein Touri Nap, wo man von Souvenierladen zu Souvenirladen geschleppt wird, doch schon nebenann sind wir dann auf dem Vorplatz der grossen Moschee an dem das heutige Ende des Ramadan gefeiert wird. Vor der Moschee sind viele muslimische Pilger, die teilweise von weit angereist sind und tanzen zu der Musik, die von den Musikanten vom Dach der Moschee auf den Vorplatz schallt. Allerdings tanzen hier nur Maenner, die Frauen sind an diesem Tag eher im Hintergrund. Die Restaurants und Laeden um diesen Platz haben natuerlich alle Haende voll zu tuen, da von nun an auch wieder bei Tagelicht gegessen werden darf. Auch die Kleidung der Menschen ist hier muslimischer als auf der ganzen Reise. Die Maenner tragen kleine bunte Huete die den Hinterkopf bedecken. Zum ersten Mal sehen wir hier Frauen, die ihr Gesicht komplett mit einem Tuch bedeckt haben.

Im Allgemeinen ist Kashgar eine zweigeteilte Stadt, die urigurischen Handwerker die den Kult der Seidenstrasse weiter aufrecht erhalten (und wenn auch nur hauptsaechlich fuer die Touristen) und der moderne chinesische Teil mit grossen tollen Einkaufspassagen und der Braeuche der Chinesen. So ist am morgen und am Abend am Platz vor dem Einkaufcenter immer viel los. Morgens sehen wir eine Reihe Rentern, die auf diesem Platz Ihre Morgengymnastik mit dem Schwert in der Hand machen und dahinter die Security Garde des Einkaufscenters die Kampfuebungen zum Wach werden machen. Die chinesischen Angestellten stehen morgens vor Geschaeftsbeginn zum Apell vor dem Geschaeft und werden durch den Filialleiter auf den heutigen Verkaufstag eingeschworen. Am Abend wiederum ist der Platz schummerig beleuchtet und es klingt verschiedene Musik aus Lautsprechern. Die eine Haelfte der Leute macht Abendgymnastik und bewegen Haende und Fuesse rytmisch zu der Musik und auf der anderen Seite tanzen Paare jeden Alters auf diesem Platz. Es ist fuer mich einzigartig anzusehen, dass diese Leute hier keine Privatsphaere wie bei uns im Westen benoetigen. Die Gymnastikuebungen und das Tanzbein wird auf dem Vorplatz des Einkaufscenters geschwungen wo hunderte andere Leute vorbeigehen oder Ihrem Alltag nachgehen. Bei wahrscheinlich so vielen Leuten in China (ca. 1,3 Milliarden) kann man kein Recht auf Privatsphaere haben. Wenn man irgendwo steht und mit einem Haendler verhandelt stehen sehr schnell andere Leute um einen herum und schauen was man so macht. Holt man seine Kamera oder den MP3 Player raus, hat man schnell Koepfe um einen geschaart, die genau schauen, was man und das Ding in der Hand da macht. Die gesteigerte Form des Gruppenfeelings erlebt man dann in den oeffentlichen Toiletten (die es uebrigens hier ueberall in der Stadt gibt). Dort gibt es zwar abgeteilte Toiletten mit Tueren, doch man sieht oft Leute auf den Stehklos hocken und die Tuer geoeffnet haben damit sie auch erleben was ausserhalb passiert. So hockt der eine und spielt mit dem Handy und gruesst nett, wenn man die Toilette betritt. Und da man natuerlich nicht alleine sein will, wird dann auch mal ein Gespraech waerend des Geschaeftes getaetigt. Ja, andere Laender andere Sitten.

In der grossen Moschee steht zwar in Englisch wie grosszuegig die chinesische Regierung mit Minderheiten umgeht (genauer will ich darauf nicht eingehen), aber der Alltag sieht auch hier anders aus. Die Chinesen halten nicht viel von den Uriguren und umgekehrt. Als Tourist muss man dann immer abhaengig vom Gegenueber die jeweilige Kultur und das Essen anpreisen. Zum Thema Informationsfreiheit kann ich hier auch anmerken, dass wir weiterhin gerne interessante Links auf Wikipedia.org setzten wuerden, doch diese Seiten sind gesperrt. Bei Betreten eines oeffentlichen Internetcafes muss man weiterhin seinen Ausweis vorzeigen, man will ja schliesslich hier wissen, wer auf welchen Seiten surft. Diese Regeln nehmen dann sogar solche Formen an, dass der Lonely Planet von China (bekannter Reisefuehrer) verboten ist da auf der Rueckseite des Buches Taiwan nicht in den gleichen Farben wie China aufgemalt ist – somit muessen wir ein gebrauchtes Buch des Reisfuehrers auftreiben.

Verwundert sind wir aber ueber die Sauberkeit in China. Ueberall stehen Muelleimer (sogar auf Wuestenduenen) und die Strassen werden peinlich genau gekehrt. Ein krasser Gegensatz zu z.B. Kasachstan. In den Staedten gibt es ueberall oeffentliche Toiletten und viele Schilder sind auch in Englisch. Naja, wollen wir das mal nicht so loben, es gibt hier in China eine besondere Art von Englisch – Chenglisch. Es sind Englische Woerter, die man meist erst beim zweiten durchlesen erkennen kann und dann gramatikalisch komplett konfuss zusammengesetzt sind. 
Verwunderlich ist weiterhin das in dem Chaos der vielen Menschen hier auch wirklich manchmal eine Ordnung zu erkennen ist. Wenn ein Land grosse Mengen von Menschen haendeln kann, dann bestimmt China – gut fuer Olympia 2008 in Bejing.

Ein weiterer Akt in Kashgar war dann das Versenden unserer Fahrraeder. Wegen der wenigen Zeit, die uns bleibt und den riesigen Distanzen hier in China haben wir uns von unserem Fortbewegungsmittel getrennt und fahren nun weiter mit Bus & Bahn. Zu unserem vollen Ueberraschen sprechen die Leute in der Post alle Englisch, doch die Zollvorschriften was Verpackungsgroesse angeht waren dann mit unserer Verpackung nicht zu vereinen. Vier Stunden auf der Post mit mehrere Umpackaktionen haben uns dann schliesslich zum Ziel gebracht. Die Bikes sind auf dem Landweg unterwegs nach BRD fuer 70,- Euro das Stueck.

Der Aufenthalt in Kashgar wurde schlussendlich noch durch ein nettes franzoesisches Paar bereichert, mit denen wir einige Unternehmungen machten. Am Sonntag Abend haben wir uns dann in einer Disko unter die Leute gemischt und die Trinkgewohnheiten der Chinesen nachgeahmt … es gab zum Ende hin ein Ausfall auf franzoesischer Seite :-).

Ein paar Bilder zu diesem Bericht findet Ihr unter dem folgenden Link.

Comments are closed.